(Artikel Juni 1914)

 
Die Ungarische Waggon- und Maschinenfabrik, Aktiengesellschaft in Györ (Raab), Ungarn, wurde im Jahre 1897 als Waggonfabrik gegründet. Bald jedoch wurde entsprechend den Bedürfnissen auch der Bau anderer verwandter Erzeugnisse mit Erfolg aufgenommen, so dass die Fabrik heute beinahe jede Art von Verkehrsmitteln produziert.
So werden ausser Vollbahnwaggons für jeden Verwendungszweck, auch  Kleinbahnwagen, Eisenbahnoberbaubestandteile, Automobile, ferner Brücken und damit in Verbindung Eisenkonstruktionen jeder Art, Krane und Aufzüge gebaut.
 
Es ist selbstverständlich, dass der durch das Automobil bedingte Umschwung in den Fahrbetriebsmitteln von einer aufstrebenden Fabrik für Verkehrsmittel nicht unbeachtet bleiben konnte. Es wurde denn auch schon im Jahre 1932 von der Ungarischen Waggon- und Maschinenfabrik der Automobilbau aufgenommen ; diese Fabrik ist demnach die älteste Automobilfabrik Ungarns und hatte die Genugtuung, beim ersten Semmering-Rennen im Jahre 1905 mit einem Wagen eigener Erzeugung den 1. Preis zu erringen.
Durch die Produktion allgemeiner Verkehrsmittel und ähnlicher Behelfe kam die Fabrik sehr bald in Berührung mit der Heeresverwaltung, da ja Verkehrsbehelfe auch als Kriegsmittel eine grosse Bedeutung haben. Dies hat wieder dazu geführt, auch den Bau von Heeresfahrzeugen als Spezialität aufzunehmen.
Mit dieser Erweiterung des Werkes musste natürlich auch die Organisation desselben ausgebaut werden, derart, dass für die einzelnen Zweige eigene Abteilungen und getrennte Werkstätten geschaffen wurden.
Für unsere Armee kommen neben den Erzeugnissen der eigentlichen Heeresbedarfsabteilung in erster Linie noch die der Automobilabteilung in Betracht. Diese erzeugt nebst sonstigen Kraftfahrzeugen Automobile für alle denkbaren militärischen Verwendungszwecke sowohl für Personen- wie für Lastbeförderung, unter letzteren auch Lastwagen der von der k. u. k. Heeresverwaltung genehmigten Subventionstype, die wie alle Automobile der Ungarischen Waggon- und Maschinenfabrik den Typennamen „Raba" führen.
In der Abteilung für Heeresbedarf werden ebenfalls in erster Linie Verkehrsmittel für die Armee konstruiert, so komplette Lafetten, Munitionswagen und Protzen für alle Kaliber, und zwar sowohl gepanzerte für die Gefechtslinie als auch ungepanzerte für den Nachschubdienst, ferner Infanterie-Munitionswagen, Feldküchen, Proviantwagen, Medikamentenwagen, Sanitätswagen, Beobachtungswagen. Pontonwagen, Bagage- und Rüstwagen, Automobilanhängewagen usw usw. Diese Wagen werden nach eigenen Konstruktionen und Patenten der Fabrik gebaut. Die Firma hat sich durch wiederholte erfolgreiche Teilnahme an ausländischen internationalen Konkurrenzen für ihre Heeresfahrzeuge einen ständigen Auslandsexport gesichert
Die Tätigkeit der Heeresbedarfsabteilung beschränkt sich jedoch nicht allein auf Fuhrwerke. Die durch den Automobilbau bedingte Einführung verfeinerter Präzisionsarbeit setzte die Fabrik
  in die Lage, diese Methoden auch in dieser Abteilung entsprechend auszunützen und Präzisionsfabrikate, wie zum Beispiel Lafettierungsbestandteile und andere Artillerieerfordernisse, die grösste Genauigkeit bedingen, herzustellen. Derartige Gegenstände wurden denn auch bereits in grosser Zahl geliefert und werden beständig erzeugt.
Weiters führt diese Abteilung als Spezialität noch Schiessplatzeinrichtungen, wie Scheibenzuganlagcn, Scheibenständer, darunter solche eines bestbewährten, patentierten Systems und dergleichen aus.
Es ist klar, dass die Fabrik entsprechend dem oben geschilderten Wachstume und Ausbaue auch einen entsprechend bedeutenden Umfang angenommen hat. Sie beschäftigt jetzt normal 2500 Arbeiter und ist derart eingerichtet, dass diese Zahl auf zirka 3000 gesteigert werden kann. Die Zahl der Beamten und Angestellten beträgt zirka 140.
Das Werk besitzt eine eigene Grau- und Hartgussgiesserei, eine modernst angelegte grosse Schmiede, sowie zahlreiche Anarbeitungs- und Montage-Werkstätten.
Der Antrieb und die Beleuchtung der verschiedenen Betriebe ist in einer elektrischen Zentrale vereinigt, welche zwei Dampfdynamos von je 750 und zwei solche von je 200 Kilowatt besitzt.
Das Fabriksareale umfasst derzeit za.300.000m2, die bis auf ein Viertel von den Werkstätten, Montagehallen, Holz- und sonstigen Material-Lagerplätzen ausgenützt sind
Die Tätigkeit der Ungarischen Waggon- und Maschinenfabrik Aktiengesellschaft beschränkt sich nicht blos auf unser Heimatland, sondern ist auch mit dem grössten Erfolge auf dem internationalen Weltmarkte mit von Jahr zu Jahr steigenden Ziffern in Wettbewerb getreten. Trotz ihres verhältnismässig kurzen Bestandes hat sie bis heute schon gegen 35 Millionen Kronen an Eisenbahn- und Kriegsmaterial in die verschiedensten Länder, hauptsächlich über See exportiert.
Mit Recht wird daher die Ungarische Waggon-und Maschinenfabrik Aktiengesellschaft nicht nur zu den bedeutendsten Industrien Ungarns, sondern auch unter die Weltfirmen gezählt.
 
 
 

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