K.u.k. Ballonfahrt

 

Heer

 
Die Ausstellung 1888 von Viktor Silberer im Prater zeigte den damaligen Stand der Luftfahrt. Ein Teil widmete sich der Militärluftfahrt. Als Reaktion auf diese Ausstellung schickte das Reichskriegsministerium eine Kommission ins Ausland. Diese sollte die Organisation von bestehenden Luftschifferabteilungen studieren. Bis jetzt stand man in Österreich-Ungarn der Verwendung von Ballons eher kritisch gegenüber. Zuerst wurde die Preußische Luftschiffer-Abteilung in Berlin, anschließend die Ballonfabriken von Lachambre und Yon in Paris und schließlich die englische Luftschifferabteilung in Aldershot besucht.
Auf Grund der Berichte an das Reichskriegsministerium veranlasste dieses die Aufstellung einer Luftschifferabteilung.
Am 14. April 1890 begann mit acht Teilnehmern, darunter Leutnant Franz Hinterstoisser, der erste aeronautische Kurs unter der Leitung von Viktor Silberer. Kursort war die Aeronautische Anstalt Silberers auf der Feuerwerkswiese im Prater. Sie umfasste eine Ballonhalle und zwei Materialschuppen. Zur Verfügung standen der 1 100 Kubikmeter Ballon "Radetzky" und der 600 Kubikmeter Ballon "Budapest" mit einer Bedienungsmannschaft bestehend aus 2 Unteroffizieren und 24 Mann. Der Kurs dauerte vier Monate. Es fanden 48 Flüge mit dem Freiballon und nur 14 mit dem Fesselballon statt. Aber gerade letztere waren für den militärischen Ballonfahrer von großer Bedeutung. Silberer hatte damit aber kaum Erfahrung und auch die angekaufte Winde stellte sich als unbrauchbar heraus.
Abschlussprüfung war ein Alleinflug im Ballon "Budapest".
Auch den zweiten militäraeronautischen Kurs leitete Silberer. Kursort war aber ein Platz bei der Rotunde. Teilnehmer waren 6 Offiziere, 3 Unteroffiziere und 38 Mann.
Man plante die Errichtung einer eigenen militäraeronautischen Anstalt und schickte deshalb Oberleutnant Hinterstoisser nach Deutschland, wo er in Berlin die Preußische und in München die Bayrische Luftschifferabteilung studierte. Weiters begann man östlich des Artillerie Arsenals mit der Errichtung der nötigen Bauten für weitere aeronautische Kurse.
Hinterstoisser regte den Kauf von deutschem Ballonmaterial an, denn dieses bestand aus doppelten Lagen gummierten Stoffes, welcher große Haltbarkeit aufwies.
 1893 übernahm Hinterstoisser in Deutschland für die k.u.k. Luftschifferabteilung den ersten 1.300 Kubikmeter Ballon für Leuchtgasfüllung inklusive Ausrüstung.
 Am 20. August 1893 wurde die neugebildete Einheit dem Festungs-Artillerieregiment Kaiser Nr.1 unterstellt. Sie bestand aus Oberleutnant Trieb, Oberleutnant Hinterstoisser, 4 Unteroffizieren und 26 Mann.
Die Ballons waren vorwiegend für den Festungs- und Stellungskrieg gedacht. In der Nähe waren noch Gaserzeugungsstätten als feste Plätze unbedingt notwendig.
Am gleichen Tag auch der Beginn des rein militärischen Ausbildungskurses im Arsenal mit 6 Offizieren und 31 Mann. Jetzt legte man den Schwerpunkt aus militärisch wichtige Aufstiege mit gefesselten Ballons. 75 Aufstiege, 15 Freiflüge.
1894 Kurs mit Übungen für k.u.k. Generalstabsoffiziere. Zum ersten Mal auch Schießübungen mit Ballonbeobachtung.
1895 Aufstellung von Festungs Ballon Abteilungen in Przemysl und Krakau.
Erste Teilnahme eines Ballons an Manövern.
1896 Die Ballonabteilungen wurden zu einem fixen Bestandteil des österr.-ungar. Heeres. Oberleutnant Hinterstoisser wurde Kommandant der Militäraeronautischen Anstalt.
Alle k.u.k. Ballonabteilungen wurden einheitlich mit Kugelballons Muster 96 ausgestattet.
 
   

K.u.k.Militärballon M96

  Ab jetzt wurden 20 Offiziere und 320 Unteroffiziere und Mannschaften jährlich zum sechsmonatigem Ausbildungskurs einberufen.
Man entwickelte Gasbehälter, in denen komprimiertes Wasserstoffgas transportiert werden konnte. Dies und die Einführung besonderer Ballon- und Gaswagen machten die Errichtung von Feldballonabteilungen möglich.
1898 erhielten die k.u.k. Ballonabteilungen die für Fesselaufstiege besser geeigneten Drachenballons des Systems Parseval-Sigsfeld.1905 erschien das Dienstbuch G39 für das k.u.k. Heer für den "Unterricht für die Ballonabteilungen" Diese Vorschrift war die Grundlage für die Ausbildung der k.u.k. Ballonabteilungen.

K.u.k.Militärballon M98

   
 

K.u.k. Militärballon M96

 

K.u.k. Militärballon M98

 

 
Er hatte ein Füllvolumen von 600 Kubikmeter Wasserstoffgas. 1896 bei allen Ballonabteilungen eingefü´hrt, war er für Fesselaufstiege als auch für Freiflüge geeignet.
Bestandteile: Hülle, Netz, Fesselseil und Korb.
Gefüllt hatte die Hülle einen Durchmesser von 9 Metern und war aus gummiimprägnierten, gelben Baumwollstoff. Zusammengesetzt aus meridionalen Bahnen. Das Ventil im oberen und der Füllstutzen im unteren Teil waren mit Stoffdublierungen verstärkt.
Das Ballonnetz bestand aus Tragnetz, der Verbindung der Ballonhülle mit dem Korb und das Haltenetz. Letzteres diente zur Befestigung des Fesselseiles am Ballon. Das Tragwerk umspannte fast den kompletten Ballonkörper und lief in 12 Leinen aus. Diese waren mit einem Fesselring aus Stahl verbunden, an dem der Korb mit 4 Seilen angebracht war.
Das Haltenetz umspannte das obere Drittel der Hülle und lief ebenfalls in 12 Leinen aus. Diese Halteleinen benötigte man zum Transport und zur Verankerung des gefüllten Ballons.
Wegen der Möglichkeit von Freiflügen waren der Kugelballon M96 neben dem Füllventil noch mit einem weiteren Ventil ausgestattet. Dieses konnte vom Korb aus geöffnet und wieder geschlossen werden. Damit und mit mitgeführten Sandsäcken konnte die Höhe reguliert werden.
Der Ballon verfügte auch über eine Reißbahn. Es handelte sich um eine 3 cm breiten im Inneren der Hülle aufgeklebten Stoffstreifen. Er reichte vom oberen Drittel der Hülle bis zu ihrem Äquator. Damit konnte man eine rasche bzw. eine Notlandung vornehmen. Man riss mittels einer Reißleine die Gashülle auf, Gas strömte aus und der Ballon sank.

 

Der von August von Parseval und Hauptmann Sigsfeld konstruierte Fesselballon war durch Formgebung und Art der Fesselung von Windstärke und Windrichtung witgehend unabhängig.
Er hatte ein Füllvolumen von 600 Kubikmetern Wasserstoffgas, einen Durchmesser von 6,4 m und samt Steuersack eine Länge von 24 Metern.
Der Ballon war so gefesselt, dass sein vorderes Ende immer dem Wind entgegengerichtet war und unter einem Winkel von 30° zur Horizontalen in der Luft ruhte und die Unterseite des Ballons eine Drachenwirkung ausübte.
Dazu mussten 3 Bedingungen erfüllt sein:
1) das Halten der prallen Form
2) Einstellung der Ballonachse in die jeweilige Windrichtung
3) Beibehaltung der Drachenstellung bei jeder Windstärke
Die Ballonstellung in die jeweilige Windrichtung erreichte man durch das Zusammenspiel von der Fesselung im vorderen Drittel und dem Steuersack am Hinteren Ende. Letzterer war an der Unterseite der Ballonhülle angenäht und durch die Steuersacktakelung verstrebt. Er war aus dem gleichen Material wie die Gashülle. Er verjüngte sich nach vorne konisch und durch eine Öffnung - dem Steuersackwindfang - konnte Luft eindringen. Da mehr Luft in den Sack eindringen konnte als entweichen, erhielt der Überdruck das Steuerorgan immer in einer prallen Form.
Durch die Art und Weise der Takelung konnte die Stellung des Drachens bei jeder Windrichtung beibehalten werden.
Der Drachenballon hatte keine Netzaufhängung sondern alle Leinen waren unterhalb des Hüllenäquators an einem Schlaufengurt befestigt.
Korb- und Fesseltakelung waren so angeordnet, dass bei den unterschiedlichen Neigungen des Ballons sowohl der Korb, wie auch der Fesselpunkt durch einen in der Takelung beweglich angebrachten Ring immer in konstanter Lage blieb.
 

Type AE

 
Als Vorbild diente ein von den deutschen Truppen im Herbst 1916 im Westen erbeuteter englischer Ballon. Er zeichnete sich bei starkem Wind durch sehr gute Stabilität aus.
 

Marine

 
Man begann auch zu prüfen, ob der Einsatz von Ballons in der Kriegsmarine zielführend wäre. Der Wunsch des Marinetechnischen Komitees zur Errichtung einer Aeronautischen Anstalt in Pola zwecks Erprobung des Ballons in Küstengebieten, wurde aus finanziellen Gründen abgelehnt.
Im Jänner 1902 sollte jedoch eine Ballonabteilung des Heeres eine Übung in Pola abhalten. Es ging dabei darum, festzustellen, inwieweit der Einsatz von Fesselballonen im Küstengebiet der Adria von Schiffen überhaupt Sinn machte.
Weitere Ballonübungen zeigten, dass der Einsatz von Ballons für maritime Aufgaben nicht geeignet war.
 

Bau des Luftschiff Hangars in Istrago

 

Ein Teil der k.u.k. Luftfahrtruppe war die Artillerieflieger- Lehrkomp. Istrago, hier wurden Beobachter mittels Luftschiff ausgebildet, sie unterstanden der Flik 63J mit Standort Motta di Livenza und unterstützten die Isonzo Armee. Weiters gab es in Istrago eine Ballon Artillerie- Lehrkomp. und einen Hilfsbeobachterkurs.

         
   

         
   

 

         

 
   

 

       

Ballonkorb

   

 

   

Fesselballon Detailaufnahme

 

Ballon in der unvollendeten Halle in Wierzbow (Polen) - 1917

         
   

 

   

Gasbefüllungsapparat 1917 (östl. Kriegsschauplatz)

 

Waschen des Ballons (30.10.1916 - Sapahow, Polen)

         
   

 

   

Foto Spolei

 

Foto Spolei

         
   

 

   

Foto Spolei

 

Foto Spolei

         
   

 

   

Foto Spolei

 

Ballonfahrer 

       

Foto Spolei

   

 

   

Ballonwinde

   
     

     

Viktor Silberer
(1846 - 1924)

 

Oberst Franz Hinterstoisser
(1863 - 1933)

war einer der großen Pioniere der Luftfahrt in Österreich.
Er erkannte früh die Möglichkeiten und Verwendbarkeit von Ballons. Durch Flugveranstaltungen und Veröffentlichungen machte er die Ballonfahrt populär.
Mit einem 1882 in Paris erworbenen 1100 Kubikmeter Ballon aus Rohseide unternahm er noch im gleichen Jahr in Wien den ersten Aufstieg. Weitere sollten noch folgen.
Bald wurden Ballons für meteorlogische und physikalische Forschungen eingesetzt.
Er machte sich auch für die Einführung von Ballons in der k.u.k. Armee stark.
1888 rief er eine zivile aeronautische Anstalt in Leben. Er wollte auch die inländische Erzeugung von Ballons fördern.
1890 Leitung des ersten militäraeronautischen Kurses zwecks Ausbildung von Offizieren zu Ballonfahrern.
1901 gründete er mit Hauptmann Franz Hinterstoisser den Wiener Aero Club, 1910 in "Österreichischen Aero Club" umbenannt.
Er war Mitglied des Parlaments und Wiener Stadtrat und trat auch in diesen Funktionen immer wieder für die Interessen der Luftschifffahrt ein.
Auf seine Initiative hin wurde unter anderem auch das Flugfeld in Wiener Neustadt geschaffen.
  Besuch der Pionier Kadettenschule in Hainburg, 1866 als Kadett zum Pionierregiment nach Klosterneuburg und 1889 als Leutnant zum Eisenbahn- und Telegrafenregiment nach Korneuburg.
1890 absolvierte er den ersten aeronautischen Kurs und wechselte ins Technische Militärkomitee.
1892 studiert die Organisation des militäraeronautischen Dienstes in Berlin und München.
War auch an der Vorbereitung zur Gründung und Organisation der k.u.k. Militär-Aeronautischen Anstalt beteiligt.
1893 - 1897 Lehrer an der Militär-Aeronautischen Anstalt und von 1897 - 1903 und von 1907 - 1912 ihr Kommandant.
1903 - 1907 Hauptmann im Infanterieregiment Nr. 90 in Jaroslau.
1913 Ruhestand als Major.
Anfang 1915 reaktiviert und Ende des Jahres als Oberst endgültig ausgeschieden.
Franz Hinterstoisser begründete die Militärluftschifffahrt in Österreich-Ungarn.
Mitbegründer der ersten Flugfelder.
1910 Mitglied der Internationalen Komission für Aeronautik in Paris.
1901 Mitbegründer des Wiener Aero Clubs.
     

 

     

Technische Hilfsmittel eines Ballonfahrers

 

a) Aneroid zur Messung der Steighöhe
b) Statoskop (Höhenmess-Barometer) mit Thermometer kombiniert
c) Variomenter zur direkten Bestimmung der Vertikalbewegung eines Ballons
d) Taschenbarograph zur Aufzeichnung des Luftdrucks in verschiedenen Höhen
e) Libellenquadrant zur Standortbestimmung
f) Schwimmende Bussole (Flüssigkeitskompass)
g) Armeefeldstecher M.7Z

 

Füllen

 
Eine Feldballonabteilung musste in der Lage sein, einen Kugel oder Drachenballon, der auf einem Ballonwagen versorgt war, innerhalb einer halben Stunde in der Luft zu haben. Nach weiteren 20 Minuten sollte er wieder auf dem Wagen fahrbereit sein.
 

Ballonabteilungen

 
Mit der Einführung von Flugzeugen beim Militär wurde der Wert von Fesselballons im Kriegsfall stark bezweifelt.
Doch der Krieg zeigte, dass die K.u.k. Ballonabteilungen den Erwartungen gerecht wurden. Vor allem in den ersten beiden Kriegsjahren.
Bis Ende Oktober 1914 bekamen 6 von 12 Ballonabteilungen die bei den operierenden Armeen stationiert waren fahrbare Gaserzeugungswagen und moderne Motorseilwinden. So waren sie mobil und konnten der Aufgabe Artillerie-Ziel und Schussbeobachtung besser nachkommen.
Es hat sich auch gezeigt, dass die Aufklärung vom Ballon aus nicht immer vom Flugzeug ersetzt werden konnte. So war es möglich vom Ballon aus im Stellungskrieg bei stundenlangen Beobachtungen auch die kleinsten Truppenbewegungen des Feindes zu erkennen.
So machte man 1915 die 6 noch stabilen Abteilungen mobil und stellte 4 weitere mobile Ballonabteilungen auf.
Ende 1916 verfügte man über 25 Ballonabteilungen. Die neu aufgestellten kamen gegen Italien zum Einsatz.
Durch die weitere Entwicklung des Luftkampfes wurde der Einsatz von Fesselballons immer riskanter. Deshalb wurden im Juni 1917 die Ballonabteilungen 26 und 27 als letzte aufgestellt. Im September desselben Jahres wurden die Ballonabteilungen in Ballonkompagnien umgewandelt und teilweise mit den neuen Ballons der Type AE ausgestattet.
Wegen der Übermacht feindlicher Flugzeuge wurde der Einsatz der Ballons immer seltener und wurde im Juni 1918 fast gänzlich eingestellt.
 
 
     

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