Unter Lancieren (Abfeuern) eines Fischtorpedos versteht man im allgemeinen das Abgehenlassen desselben bei gleichzeitigem Ingangsetzen seines Motors.
Apparate, welche den Zweck haben, den lancierbereiten Torpedo in sich aufzunehmen, den Abgang desselben im gewünschten Momente zu bewirken und dem Torpedo hiebei die verlangte Anfangsrichtung zu geben, werden Lancierapparate genannt.
Es genügt im allgemeinen, den Torpedo unter Wasser zu bringen und das Ingangsetzen seiner Betriebsmaschine durch Öffnen des Antriebshebels zu bewirken, worauf derselbe durch eigene Maschinenkraft den Lancierapparat verlassen und sich fortbewegen wird.
Derartige Apparate lassen sich jedoch nur auf Lancierstationen verwenden, auf Schiffen und Booten, welche in Fahrt lancieren, ist ein Lancieren durch einfaches Öffnen des Antriebshebels — auch wenn der Apparat bereits unter Wasser installiert ist — wegen der Gefahr für Schiff und Torpedo nicht thunlich; überdies ist aber eine Installierung des Apparates unter der Wasserlinie nur selten möglich und erwünscht.
Bei den Lancierapparaten der Schiffe und Torpedoboote muss getrachtet werden, den lancierten Torpedo so schnell als möglich vom eigenen Fahrzeuge frei zu bekommen, der Torpedo wird daher bei diesen Apparaten im gewünschten Augenblicke durch einen Impuls mit erhöhtem Anfangsmomente ins Wasser befördert und dadurch ein rasches Entfernen desselben vom lancierenden Fahrzeuge erzielt. Noch vor dem Austritte des Torpedos aus dem Lancierapparate wird dabei auch der Antriebshebel geöffnet, so dass die Maschine des Torpedos beim Eintritte des letzteren ins Wasser bereits in Thätigkeit ist.
Dieser Impuls, welcher dem Torpedo ertheilt wird, kann entweder durch comprimierte Luft oder durch Pulvergase erzielt werden, wonach man Apparate mit Luft- und mit Pulverimpuls unterscheidet.
Nach der Installierungsart theilt man die Apparate ein in Oberwasser- und Unterwasser- Lancierapparate, nach dem Installierungsorte in Bug-, Heck- und Breitseit-Lancierapparate.
Der Detailbeschreibung der einzelnen auf Schiffen und Torpedobooten der k. u. k. Kriegsmarine installierten Lancierapparate geht im Nachstehenden die Besprechung jener Theile eines Lancierapparates voraus, die allen gemeinsam sind, um bei der Beschreibung den Zweck derselben als bereits bekannt voraussetzen zu können.
Jeder Lancierapparat besteht aus dem gewöhnlich aus mehreren Stücken zusammengesetzten Lancierrohre, in welches der zur Lancierung bereitgestellte Torpedo eingeführt wird und das gegen außen gewöhnlich durch eine Verschlusskappe, gegen innen zu immer durch eine Verschlussthüre abgeschlossen werden kann.
Der Torpedo wird im Rohre dadurch geführt, -dass seine Führungswarzen oder T- Führungsstücke in einer Längsnuth des Lancierrohres, der Führungsnuth, laufen, und bis zum Augenblicke der Lancierung im Rohre dadurch gehalten, dass ein gegabelter Stahlbolzen oder eine Platte, der Arretierbolzen oder die Arretierplätte, eine oder die andere Vertical- oder Horizontalflosse (eventuell auch beide), beziehungsweise das T-Führungsstück, erfasst und so das Vorgleiten des Torpedos im Lancierrohre und dadurch ein unbeabsichtigtes Hinausgleiten desselben aus dem Rohre verhindert.
Erst durch das Zurückziehen des Arretierbolzens oder der Afretierplatte, welches einen Moment vor dem Einwirken des Lancierimpulses auf den Torpedo erfolgen muss, wird derselbe frei und kann bei geöffneter Verschlusskappe das Lancierrohr verlassen.
Das Öffnen des Antriebshebels und damit das Ingangsetzen der Betriebsmaschine wird durch den durch Federkraft ins Innere des Rohres gedrückten Antriebshaken bewirkt, indem derselbe beim Vorgleiten des Torpedos dessen Antriebshebel erfasst und öffnet.
Um der comprimierten Luft oder den Pulvergasen, welche den Lancierimpuls zu ertheilen haben, einen gewissen Widerstand
zu bieten, so dass dieselben mit ihrer ganzen Spannung zur Wirkung gelangen und dem Torpedo den nöthigen Impuls ertheilen, damit derselbe kräftig aus dem Lancierrohre ausgestoßen und nicht nur hinausgedrückt werde, wird der Torpedo durch eine Pressvorrichtung im Lancierrohre gebremst.
Die Ausstoßvorrichtung, d. i. jene Vorrichtung, welche bei Lancierapparaten mit Luftimpuls das Ausstoßen des Torpedos aus dem Lancierrohre vermittelt, besteht aus einem oder aus mehreren aus Stahlblech erzeugten, gewöhnlich in der Nähe des Apparates installierten Reservoiren zur Aufnahme der comprimierten Luft, den Lancierreservoiren, und einem zwischen Lancierrohr und Lancierreservoir eingeschalteten Ventile —¦ dem Lancierventile —, welches beim Lancieren durch die Bethätigung des Lanciergestänges den Zutritt der Luft aus dem Reservoire in das Lancierrohr hinter den Torpedo bewirkt.
Um dem Torpedo beim Lancieren den nöthigen Impuls zu ertheilen, ist je nach dem Installierungsorte und der Neigung des Lancierrohres gegen den Horizont ein Lancierdruck von 1 bis 2 Atmosphären Überdruck erforderlich. Bei den älteren Lancierapparaten — den sogenannten Hochdruck-Lancierapparaten — wurde dieser Lancierdruck dadurch erreicht, dass der Druck einer bestimmten Menge hochgespannter Luft (30 bis 40 Atmosphären) im Momente der Lancierung durch das an Stelle des Lancierventiles angebrachte Reductionsventil, den Luftregulator, auf die zur Lancierung nöthige Spannung von 1 bis 2 Atmosphären Überdruck herabgemindert wurde; bei den gegenwärtig allgemein gebräuchlichen, sogenannten Niederdruck-Lancierapparaten wird hingegen eine größere Menge Luft, jedoch nur von 3 bis 6 Atmosphären Spannung, im Lanciefreservoire angesammelt, die beim Lancieren durch das als gewöhnliches Übergangsventil functionierende Lancierventil ohne Druckreduction in das Lancierrohr überströmen gelassen wird, woselbst sie dann infolge des größeren Rauminhaltes des Lancierrohres die entsprechende Druckreduction erfährt.
Bei Lancierapparaten mit Pulverimpuls wird das Ausstoßen des Torpedos aus dem Lancierrohre durch die im Momente der Lancierung erfolgende Entzündung einer in der Verschlussthüre angebrachten Pulverladung, der Lancierpatrone, bewirkt.
Die mechanische Thätigkeit beim Lancieren (Abfeuern) besteht in der Bewegung eines Hebels, des Lancierhebels, von Hand aus

oder durch eine elektrische Auslösevorrichtung, durch welche Bewegung zuerst das Zurückziehen des Arretierbolzens und unmittelbar hierauf erst das Öffnen des Lancierventiles, beziehungsweise das Abfeuern der Pulverladung, erfolgt.
Um bei den mit einer Verschlusskappe abgeschlossenen Apparaten das Lancieren unmöglich zu machen, so lange diese Kappe nicht vollkommen geöffnet wurde, ist eine Sicherheitsvorrichtung angebracht, welche das Bethätigen des Lancierhebels erst bei vollständig geöffneter Kappe gestattet.
Zur Ansammlung und Leitung der comprimierten Luft an Bord der Schiffe und Torpedoboote sind folgende Einrichtungen getroffen:
Von der Luftpumpe, welche die Comprimierung der Luft besorgt, gelangt die letztere in ein cylindrisches, verticales Stahlrohr mit mehreren Ventilen und einem Manometer, das Vorreservoir, welches vom Wärter der Pumpe bedient wird und aus dem die Luft, nachdem sie das mitgeführte Wasser abgegeben hat, in das sogenannte Hauptreservoir, ein oder mehrere untereinander in Communication stehende cylindrische Stahlgefäße größeren Rauminhaltes, abgelassen werden kann, bis es mit Luft von 100 Atmosphären Spannung gefüllt ist.
Vom Hauptreservoire führen Luftleitungen zu den in der Nähe der einzelnen Lancierapparate angeordneten, den Vorreservoiren ähnlich eingerichteten Handreservoiren (Tafel V), welche den Zweck haben, das Füllen der Torpedos oder der Lancierreservoire zu vermitteln. Zu diesem Behufe sind an dem Handreservoire Ver-schraubungen angebracht, an welche die Füllrohre angeschraubt werden können, welche die Luft entweder in die Torpedos oder in das Lancierreservoir führen.
Zum Behufe des Vertheilens der Luft für verschiedene Zwecke , von einem Orte aus, beispielsweise zum Aufpumpen des Hauptreservoirs oder directes Pumpen in die Handreservoire, zum Füllen von Torpedos oder Lancierreservoiren, oder endlich, um einzelne Apparate mit dem Hauptreservoire in Verbindung zu setzen, ist in der Regel an irgend einer gut zugänglichen Stelle des Schiffes ein Luftvertheiler angebracht, der aus einer Combin_ation von Ventilen besteht, welche diese einzelnen Luftwege verbinden. Auf Torpedobooten und auf kleineren Schiffen fehlt das Hauptreservoir.
Die Lancierungen, welche mit den verschiedenen Lancierapparaten vorgenommen wurden, haben die Nothwendigkeit ergeben, je nach der Gattung des Lancierapparates und dessen Aufstellungsorte verschiedene Lancierimpulse und verschiedene Initialstellungen des Horizontalsteuers der Torpedos anzuwenden, um verlässliche Tiefenbahnen zu erzielen.
Diese Einstellungen an den Lancierapparaten (beziehungsweise die Anzahl und Ladung der anzuwendenden Lancierpatronen) und an den Torpedos werden am Schlüsse der Beschreibung der einzelnen Lancierapparate als Lancierdaten angefügt.
Hiebei ist zu beachten, dass sich die Einstellungen am Torpedo stets nur auf die bei voller Kraft der Maschine des Schiffes (Bootes) vorzunehmenden Lancierungen beziehen.

 

Tafel 5

 

 

 

 
 
 

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