35 cm Decklancierapparat  M 1889

 der Torpedoboote.

Tafel XV

 

     Dieser Apparat ist am Achterdecke der Torpedoboote installiert, für die Lancierung von 35 cm Torpedos mit Pulverimpuls bestimmt, mit einer nicht abnehmbaren Führungsschaufel versehen und von der Firma Schichau in Elbing construiert.
     Das Lancierrohr ist aus Phosphorbronze erzeugt, hat einen lichten Durchmesser von 357,5 mm und besteht aus zwei Theilen R
1 und R2 und der Führungsschaufel FS, welche mit dem Rohre in der gleichen Weise wie die beiden Theile dieses letzteren durch Flantschen und Schrauben verbunden ist.
     Lancierrohr und Führungsschaufel haben oben die Längsrippe, in welche die Führungsnuth für die T-Führung des Torpedos eingeschnitten ist.
      Das Lancierrohr hat überdies die Angüsse für die Montierung und Lagerung der Verschlussthüre sowie der Lancier- (Abfeuerungs-) Antriebs- und Pressvorrichtungen und für die Pivotierung, ferner eine Verschraubung für ein Manometer, vier Augbolzen für die Seevertäuung St
1, die Aufsatzplatte Ap mit dem umklappbaren Aufsatzrahmen R, einen Ansatz 0 zum Einschrauben eines Augbolzens für die Manipulation beim Ein- und Ausschiffen des Apparates und zur Befestigung des Lancier-Peilinstrumentes, endlich eine zur Rohraxe parallele Platte Q für eine Wasserwage, ein eingeschraubtes Visierkorn Kund drei Befestigungsrippen V, V1 und V2.
      Die Verschlussthüre D hat die Form einer Kugelcalotte und trägt außen einen Bügel, mittels dessen sie beim Schließen zum Zwecke des gasdichten Abschlusses mit ihrer genau abgeschliffenen Auflagefläche an jene der hinteren Rohrmündung angepresst wird. Der Verschlussbügel E
1 (Fig. 2 und 3 b) ist an der Verschlussthüre zwischen zwei Lappen E derselben durch eine Schraube befestigt und um den Excenterhebel e — einen links seitlich in einem Ansätze des Lancierrohres untergebrachten Bolzen mit Handgriff — (Fig. 1 und 3c) drehbar. Der Excenterhebel ist mit seinen beiden excentrischen Theilen I und II in dem oben erwähnten Ansätze gelagert.
     Beim Schließen der Verschlussthüre wird über das rechtsseitige Ende des Bügels der geschlitzte Verschlusshebel d (Fig. 2 und 3) geschoben.
     Das feste Anpressen der Verschlussthüre an das Lancierrohr wird bewirkt, indem der Excenterhebel e mittels des Handgriffes E
2 um 180° gedreht wird, so dass er nun parallel zur Längenaxe des Rohres zu liegen kommt.
     Soll die Verschlussthüre geöffnet werden, so wird die Handhabe des Excenterhebels gegen rückwärts gedreht, hiedurch wird der Verschluss gelockert und es kann nun der Verschlusshebel d vom Bügel abgestreift und die Thüre sammt Bügel geöffnet werden.*
     Zur Aufnahme der Pulverladung hat die Verschlussthüre oben einen hohlen Anguss, in welchen der Pöller D
1 (Fig. 2 b), ein Hohlcylinder mit vier inneren Längsrippen und äußerem Revolvergewinde, eingeschraubt ist. Der Abschluss des Pöllers wird durch einen mit zwei Handhaben versehenen Bronzedeckel bewirkt. Der Bronzedeckel S hat die in Fig. 2 b** ersichtliche Form, besitzt innen ein Revolvergewinde zur Befestigung am Pöller und außen einen central durchlochten Kopf, dessen rückwärtige Fläche abgeschliffen ist. Auf diese Fläche wird das Brandelschloss aufgelegt. Dasselbe besteht aus der central durchlochten Scheibe B und dem Brandelschieber Br.
     Die Scheibe B ist mit vier Schrauben an den Kopf des Bronzedeckels befestigt und an ihrer Auflagefläche der Quere nach ausgenommen. In dieser Ausnehmung kann der Brandelschieber verschoben werden, wobei die wulstförmigen Verstärkungen an den beiden Enden desselben diese Bewegung begrenzen, und zwar derart, dass beim Öffnen des Schiebers die kreisrunde Öffnung desselben mit der centralen Durchlochung des Bronzedeckels correspondiert, das Brandel mithin eingesetzt werden kann, während beim Schließen der schmale längliche Schlitz des Schiebers über den Reibedraht geschoben wird, die breitere Brandelhülse daher vor den Schlitz zu liegen kommt. Durch einen Zug am Reibedraht wird folglich letzterer aus der Hülse herausgerissen.
     Die Arretiervorrichtung besteht bei diesen Apparaten aus zwei seitlichen Arretierbolzen z (Fig. 3 a), die durch ein Gestänge gleichzeitig bethätigt werden.
      Die Bolzen haben die übliche Form, sind an ihren inneren Enden gegabelt, in einem Gehäuse geführt und werden durch die Spiralfedern f (Fig. 2), die auf Zug beansprucht sind, in das Innere des Rohres gedrückt, wo sie die Verbindungsstücke der Horizontalflossen des Torpedos erfassen. Das Herausziehen — Desactivieren — der Arretierbolzen geschieht in der bekannten Weise durch Bethätigung des Lancierhebels Lc (Fig. 1 und 2), indem dieser gegen außen (rechts) bewegt wird. Bei dieser Drehung wird die rechte verticale Stange g
2 (Fig. 1 und 3a), auf welcher der Lancierhebel aufgekeilt ist, mitgedreht; durch Vermittelung der Verbindungsstange i2 (Fig. 2 und 3 a) und der beiden Hebelsarme derselben wird diese Drehung auch auf die linke Stange g2 und auf die auf diesen beiden Stangen sitzenden, in die Gabelungen der Arretierbolzen reichenden flachköpfigen Hebel h (Fig. 2) derart übertragen, dass die beiden Arretierbolzen bei gleichzeitigem Spannen der Federn f herausgezogen — desactiviert — werden.
      Wird der Lancierhebel losgelassen, so schnellen Gestänge und Arretierbolzen infolge der Wirkung der gespannten Spiralfedern wieder in die Anfangsstellung zurück (Arretierbolzen activiert).
     Die Arretierbolzen können sowohl in der activierten als auch in der desactivierten Stellung durch einen Vorstecker fixiert werden. Letzterer ist mittels eines Kettchens am Lancierrohre befestigt und kann durch eine Durchlochung der rechten Führungshülse in eine den beiden Stellungen entsprechende Durchlochung des Arretierbolzens gesteckt werden.
      Die Bethätigung des Abfeuerungsgestänges erfolgt in der üblichen Weise durch die Bewegung des Lancierhebels, unmittelbar nachdem die Arretierbolzen zurückgezogen — desactiviert — wurden. Die diesem Zwecke dienende Abfeuerungsstange (W Fig. 2 u. w Fig. 3) ist an der rechten Seite des Lancierrohres in zwei angeschraubten Führungshülsen verschiebbar gelagert. Sie wird durch eine aufgeschobene Spiralfeder gegen vorne gedrückt und hat nahe der vordersten Lagerung einen Schlitz, in welchen der abgerundete Kopf des Hebels III (Fig. 2) hineingreift. Dieser Hebel ist auf der rechten verticalen Stange g
2 aufgekeilt und wird daher bei Drehung des Lancierhebels nach rechts gegen rückwärts gedreht. Die Länge des Schlitzes der Abfeuerungsstange ist derart bemessen, dass letztere bei der Drehung des Lancierhebels nach Überwindung der Federkraft erst dann gegen rückwärts verschoben wird, wenn die Arretierbolzen vollständig zurückgezogen sind. Durch die eben erwähnte Verschiebung der Abfeuerungsstange W wird der Frictionsdraht aus dem Frictionsbrandel herausgezogen und die Entzündung der Pulverladung eingeleitet.
      Am hinteren Ende der Abfeuerungsstange ist nämlich der Brandelarm Br drehbar befestigt; derselbe wird durch einen federnden Klinker in zwei Stellungen erhalten. In der unteren kommt der hohle Kopf K
1 (Fig. 2b) des Brandelarmes genau über den Brandelkopf zu stehen, so dass dadurch der Reibedraht beim Zurückziehen der Abfeuerungsstange aus der Brandelhülse herausgezogen und die Zündung der Ladung bewirkt wird.*** In der zweiten Lage steht der Kopf K1 nach aufwärts und gestattet die unbehinderte Manipulation mit den Pöllern und den Frictionsbrandeln.
      Zur Begrenzung der Bewegung der Abfeuerungsstange dient ein Bund am vorderen Ende und ein zweiter hinter dem rückwärtigen Lager derselben.
     (Der Vorstecker für die Abfeuerungsstange ist nicht mehr im Gebrauche, da ein zufälliges Abfeuern schon durch den Vorstecker des Arretierbolzens verhindert wird.)
     Die Antriebsvorrichtung besteht aus dem normal construierten Antriebshaken und seinem Gehäuse U.
     Die Pressvorrichtung dieses Typs der Decklancierapparate ist eine sogenannte Bandbremse.
     Die Construction derselben ist die folgende:
     Im vorderen muffenartig erweiterten Ende M
1 des rückwärtigen Rohrtheiles R1 ist das Bremsband (Fig. 3d), ein dreitheiliger, gegen aufwärts offener Bronzering, gelagert und durch ein kurzes Bronzestück Ab gehalten, welches den Ring übergreift und im Lancierrohre angeschraubt ist.
     Das Bremsband hat an der Innenseite plattenförmige, der Form des Torpedos angepasste Verstärkungen aus Bronze angeschraubt, welche sich bei activierter Bremse an den Torpedo anlegen. Die abgerundeten Enden des Bremsbandes sind über die beiden durch Angüsse des Lancierrohres Z
1 und Z2 (Fig. 1 und 2) geführten Excenterbolzen Ec       (Fig. 3d) geschoben. Der rechtsseitige Excenterbolzen trägt für eventuelle Nachregulierungen Schraubengewinde und eine Mutter und ist mit einem vierkantigen Kopfe versehen, während der linksseitige den Hebel Hs (Fig. 2) trägt, welcher mit dem übrigen Gestänge verbunden ist.
     An der linken oberen Seite des rückwärtigen Lancierrohrtheiles ist ein Bronzegehäuse Bc (Fig. 1, 2 und 2a) befestigt, an welches vorne eine Büchse Vl angeschraubt ist. Das Gehäuse — der Bremscylinder — ist zur Aufnahme des durch die Bremsfeder Bf belasteten Bremskolbens Bk ausgeschliffen und steht durch einen angegossenen hohlen Stutzen mit dem Innern des Lancierrohres in Communication.
     Die Kolbenstange Ks ist in den mit vier Ringsicken versehenen Kolben eingeschraubt und durch den Verschlussdeckel C des Gehäuses hindurchgeführt. Sie ist mittels des Kuppelungsstückes Kp Fig. 2 a) mit der Bremsstange Bs (Fig. 1 und 2) verbunden. Diese ist durch ein Lager I geführt und vor demselben durch ein Zwischengelenk Vs           (Fig. 2) mit dem Hebel des linken Excenterbolzens des Bremsbandes gekuppelt.
     Der Verschlussdeckel C des Gehäuses Bc dient gleichzeitig auch zur Regulierung der Federspannung, indem er im Gehäuse nach Bedarf mehr oder weniger eingeschraubt wird.
     Die Spiralfeder des Kolbens drückt denselben stets an die Rückwand des Cylinders, zieht demnach das Gestänge gleichfalls zurück und dreht den linken Excenterbolzen derart, dass der Durchmesser des Bandes verkleinert, der Torpedo demnach gebremst wird.
     Um den Bremskolben und das Gestänge von Hand aus gegen vorne bewegen und in einer Stellung erhalten zu können, bei welcher die Bremse geöffnet ist, ist das Kuppelungsstück zwischen Kolbenstange und Bremsstange mit dem um einen Bolzen B am Lancierrohre drehbaren gabelförmigen Bremshebel Bh (Fig. 1) verbunden, welcher zwischen den Gabeltheilen einen Zahnbogen Zb trägt, in welchen ein Klinker des Stellhebels Sh eingreift. Letzterer ist in einem Angüsse Ag des Bremscylinders gelagert, wird durch eine Flachfeder gegen den Zahnbogen gedrückt und kann durch Hinabdrücken seines als Handhabe geformten zweiten Armes wieder ausgelöst werden. Durch Vorwärtsdrücken des Bremshebels ist man somit in der Lage, die Bremse mehr oder weniger zu öffnen, was beim Einführen des Torpedos oder beim Auswischen des Lancierrohres erfordert wird.
       Ist der Torpedo eingeführt, so wird durch Hinabdrücken des Stellhebels der Klinker ausgelöst, die Bremsfeder schnellt den Kolben zurück und activiert die Bremse. Hiebei soll jedoch am Bremshebel entgegengehalten werden.
     Beim Abfeuern treten die sich entwickelnden Pulvergase hinter den Bremskolben, überwinden die Spannung der Spiralfeder und desactivieren dadurch die Bremse in dem Maße, als ihr Druck steigt und endlich dem verlangten Impulse gleichkommt.
     Die Pivotierung, Stoppervorrichtung und Seevertäuung. Dieser Typ der Decklancierapparate ist um ein centrales Pivot drehbar und auf einem aus Blech hergestellten Aufbaue am Achterdecke installiert.
     Das Pivot ist dadurch gebildet, dass der Aufbau einen kreisförmigen Ausschnitt besitzt, dessen Rand durch einen angenieteten Winkelring verstärkt ist, in dem eine   Pivotbüchse Pb von der in Fig. 1 dargestellten Form eingesetzt und mit Schrauben befestigt ist.
     Auf der Pivotbüchse liegt eine zweitheilige Platte P
1, welche unten die Form der Büchse hat, oben aber flach gehalten ist; das Lancierrohr ist mit seiner angegossenen Platte P an die zweitheilige Platte angeschraubt und ruht darauf.
     Ein angeschraubter zweitheiliger Ring Pr erhält die Platte P
1 in ihrer Lage und verhindert, indem er die untere Auflagefläche der Platte übergreift, das Abheben des Apparates.
     Um das Eindringen von Wasser in die Pivotbüchse zu verhüten, wird zwischen dem Befestigungsringe und der Platte eine Baumwollpackung eingelegt, die durch das Anziehen der Schrauben des Ringes alle Zwischenräume ausfüllt. Durch ein in das Innere der Büchse führendes Bohrloch wird den Auflageflächen das Schmiermateriale zugeführt.
      Um einerseits das Lancierrohr horizontal zu erhalten, anderseits es leicht backsbar zu machen, hat es zwei Laufrollen — die Backsrollen Br — die auf einer kreisförmigen Backsschiene laufen; letztere ist durch Winkel Wt am Aufbaue befestigt.
       Die Achsen der Backsrollen besitzen je einen abwärts weisenden Arm mit rechtwinklig abgebogenem Ende Ae, welches die Backsschiene untergreift und dadurch ein Abheben des Apparates verhindert.
     Die Stoppervorrichtung hat den Zweck, den Lancierapparat in der beim Gebrauche vorkommenden Stellung festzuhalten. Sie besteht darin, dass eine oben mit Handgriff, unten mit einem Zapfen versehene Stange den Stopper Sp (Fig. 3), welcher in einem Angüsse des rechtsseitigen Rollenträgers und in einer angeschraubten Hülse des Lancierrohres geführt ist, durch eine aufgeschobene Spiralfeder mit seinem Zapfen in die Stopperspuren St (Fig. 2) der Kreisschiene hineindrückt und dadurch den Apparat in der betreffenden Stellung fixiert.
      Beim Ändern der Stellung wird der Stopper am Handgriffe gehoben, wobei die Kraft seiner Feder überwunden werden muss. Durch einen Vorstecker kann der Stopper in activierter (gesenkter) oder in desactivierter (gehobener) Lage erhalten werden. Zwei Anschläge An (Fig. 2) der Kreisschiene verhindern, dass der Apparat um mehr als 180° gedreht werde.
     Die durch Versuche ermittelten Grundstellungen des Apparates sind folgende, und zwar:
     die Mittschiffs Stellung für die Hafen- und Seevertäuung,
     die Dwarsstellung für beide Bordseiten und
     die Backsung von vier Strichen aus der Dwarsrichtung gegen vorne, gleichfalls für beide Bordseiten.
      Die Seefestvertäuung des Apparates. Um den Apparat seefest zu machen, wird er in die Mittschiffsstellung gebackst und der Stopper eingeführt, worauf entsprechend geformte Sorrklötze vorne und rückwärts unter den Apparat gesetzt werden. Hierauf werden die vier Sorrstangen, deren jede an ihrem unteren Ende um einen im Decke befestigten Ring drehbar ist, mit ihren oberen hakenförmigen Enden in die zugehörigen Augen St
1 des Lancierrohres eingehakt und ihre Spannvorrichtung -— ein gewöhnliches Schraubenschloss — fest angeholt.   
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* Sollte durch Abnützung der betreffenden Theile der Abschluss kein vollkommen gasdichter sein, so kann diesem Übelstande durch ein Verdrehen des Bolzens, der den Bügel mit der Verschlussthüre verbindet, abgeholfen werden. Jener Theil dieses Bolzens, welcher durch den Bügel hindurchgeht, ist nämlich excentrisch zu den in den beiden Lappen E (Fig. 2 und 3) gelagerten Theilen, so dass man durch entsprechende Drehung des Bolzens und durch nachheriges Festholen der am Ende desselben aufgeschraubten Mutter m (Fig. 3b) die Lage des Bügels gegen das Rohr etwas verändern und dadurch beim Activieren des Excenterhebels neuerdings den vollkommen gasdichten Abschluss erzielen kann.
* *Die aus der Fig. 2 b ersichtliche Zündschraube s stand früher in Verwendung und ist jetzt überall durch Frictionsbrandeln ersetzt worden.
*** Die Bewegung des Lancierhebels muss kräftig und ruckartig sein, weil ein langsames Herausziehen des Reibedrahtes häufig Versager zur Folge hat.

 Lancierdaten

     a) Einstellungen am Apparate:
     Die Pulverladung besteht aus einer Patrone, enthaltend 80 gr 7mm Pulver in zwei Lagen mit einer Asbest-Zwischenlage.
     b) Einstellungen am Torpedo:
     Arretierung des Horizontalsteuers: 3mm nach aufwärts. Dauer der Arretierung: 5 Zähne.

 

Tafel XV

 

 
 
 

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