Die Lanciermunition

 
Unter Lanciermunition begreift man jene Munitionstheile, welche ausschließlich dazu dienen, den Torpedo durch den Druck sich entwickelnder Pulvergase aus dem Lancierapparate auszustoßen.
     Diese Munition zerfällt in zwei Theile:
          a) in die Lancierpatronen und
          b) in die Zündmittel.
     Die adoptierte Methode der Pulverlancierung basiert gegenwärtig theils auf dem Systeme offener Pöller, d. h. solcher, welche an der in das Innere des Lancierrohres ragenden Mündung keinerlei Blende oder durchlochte Verschlüsse besitzen und somit das directe Einströmen der Pulvergase in das Rohr zulassen, theils auf jenem solcher Pöller, welche mit eigenen Expansionsräumen versehen sind. Nach ersterem Systeme gibt es bisher einfache und doppelte Pöller.
     Mit Ausnahme der 35 cm Decklancierapparate Typ Schichau sind alle Apparate, welche gegenwärtig für die Pulverlancierung eingerichtet sind, mit Doppelpöllern versehen. Grundsätzlich wird jedoch auch bei den Lancierapparaten mit DoppelpöUern nur eine (ungetheilte) Ladung angewendet, wobei der zweite Polier durch eine leere (abgefeuerte) Patronenhülse mit eingesetztem abgefeuerten Frictionsbrandel verschlossen wird.
     Zur Füllung sämmtlicher Lancierpatronen wird 7 mm Pulver verwendet.
     Die Größe der Pulverladung hängt von dem Caliber, dem Typ und der Installierungsart des Lancierapparates, beziehungsweise der zu lancierenden Torpedos, ab und wird empirisch bestimmt.
     Die Ladungen der Lancierpatronen werden, wenn sie 80gr erreichen, mit einer durchlochten Asbestzwischenlage in zwei ungleiche Abtheilungen, wenn sie 90 gr erreichen, mit zwei Zwischenlagen in drei ungleiche Abtheilungen getrennt.
     Als Zündmittel für die Pulverlancierung dienen gegenwärtig Frictionsbrandel Modell 1885, gasdichte Brandel, welche für die Verwendung als Torpedomunition die Bezeichnung Modell 1885/T führen. Dieselben sind den für die Abfeuerung der Geschütze verwendeten Brandein gleich, mit dem einzigen Unterschiede, dass in das Auge des Reibedrahtes ein cylindrischer Metallknopf eingesetzt ist.*
Dermalen stehen folgende Lancierpatronen im Gebrauch:

 

      a) Die Lancierpatronen. Sämmtliche Lancierpatronen bestehen aus abgekürzten 47 mm Patronenhülsen mit der entsprechenden Pulverfüllung. Nur die 35 cm Lancierpatronen für Decklancierapparate Typ Schichau besitzen Patronenhülsen, welche aus einem messingenen Rohrstutz von 55 mm Durchmesser bestehen, an dessen einem Ende der Patronenboden mit vorstehender Patron enwulst eingeschraubt ist.
     Alle Lancierpatronenhülsen haben in die Muschel ein Zündröhrchen eingesetzt, welches in das Innere der Patronenhülse bis nahe an den oberen Rand reicht. Dieses Röhrchen ist für die Aufnahme des Brandeis eingerichtet, rückwärts offen, vorne geschlossen Und nahe am Verschlusse mit mehreren kleineren Öffnungen versehen, durch welche das Feuer, das vom abgefeuerten Brandel ausströmt, zum Pulver der Patrone dringen kann.
     Die Masse der 7 mm Pulverladung ist einfach in den Hülsen eingefüllt.
      Die Zwischenlagen sind aus 1,5 mm starken Asbestplatten hergestellt, die dem Querschnitte der Patronenhülsen angepasst sind. Diese Platten haben drei kreisrunde Löcher von 3 mm Durchmesser für den Durchgang des Feuers und sollen die Verbrennung des Pulvers verzögern.
     Nachdem die Zündröhrchen aller Lancierpatronen gleich hoch, die Massen der Ladungen aber je nach der Gattung verschieden hoch sind, so legt man bei kürzeren Ladungen, damit dieselben bis an das vordere Ende des Zündröhrchens reichen, Asbestscheiben von entsprechender Höhe auf dem Boden der Hülse auf und presst diese Scheiben zusammen.
     Die vordere Öffnung der Patrone wird durch eine mit Lack überzogene Cartonscheibe entsprechend geschlossen; bei jenen Lancierapparaten aber, bei welchen der Zutritt von Wasser zu den Lancierpatronen nicht ausgeschlossen ist, sind letztere mit Kautschukleim abgedichtet. Die rückwärts im Patronenboden mündende Öffnung des Zündröhrchens ist mit einer kreisrunden Papierscheibe verklebt, welche überdies als Etiquette zur Bezeichnung der Patronengattung ausgestattet ist. Eine gleiche Etiquette befindet sich auf der vorderen Cartonscheibe.
     Die Verpackung der Lancierpatronen erfolgt in cylindrischen Patronenbüchsen aus Messing, welche mit einem aufgeschraubten Deckel verschlossen sind.

     Jede dieser Büchsen fasst vier Stück übereinander stehender Lancierpatronen, welche durch untergelegte Filzscheiben gegen Stöße geschützt sind. Auf dem Deckel der Büchse ist eine gleiche Etiquette aufgeklebt, wie auf den Patronen selbst. Diese Etiquetten sind mit einem rothen "T" bemalt und enthalten darüber in schwarzer Aufschrift die abgekürzte Bezeichnung der betreffenden Patronengattung, wie sie in der Liste verzeichnet erscheint.
     b) Die Zündmittel. Die Frictionsbrandel Modell 1885/T sind mit der schon angeführten Zugabe des Knopfes dem normalen Artilleriemateriale entlehnt.
     Fünfundzwanzig Stück solcher Brandel sind für die Verabfolgung an Schiffe und Abtheilungen in Dosen aus Weißblech verpackt, deren Deckelfugen mit Papierstreifen überklebt sind. Auf der Deckelfläche befindet sich eine gleiche Etiquette wie auf der Patronenbüchse, jedoch mit einer dem Inhalte entsprechenden Bezeichnung.
     Die Übungsntunition ist von ganz gleicher Beschaffenheit wie die Kriegsmunition.
     Um die Übungsmunition von der Kriegsmunition zu unterscheiden, besitzen die Munitionssorten für Übungen Etiquetten mit gelber Grundfarbe.
     Die Aufbewahrung der Lanciermunition erfolgt an Bord der Schiffe und Torpedoboote unter denselben Normen, wie jene der Kleingewehr- und Mitrailleusenmunition; auf Torpedobooten zweiter Classe werden die Patronenbüchsen frei an der Wand im Officiersraume aufgehängt.
 
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* Versuchsweise wurde am Torpedoboote Nr.II in letzter Zeit eine Percussions-Abfeuerung eingerichtet
 
 
 

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