Die Lancierstation am Lande

 (Tafel XXI, Fig.1 bis 5.)

 

     Bei den Lancierstationen am Lande sind gewöhnlich zwei Lancierrahmen vorhanden, um im Bedarfsfalle gleichzeitig das Einlancieren von zwei Torpedos verschiedenen Calibers zu ermöglichen.
     Da jedoch das gleichzeitige Abgehenlassen von zwei Torpedos von derselben Station aus nicht thunlich erscheint, so sind die beiden Lancierrahmen derart an einer gemeinschaftlichen Hissvorrichtung befestigt, dass beim Hissen des einen der andere, als Gegengewicht dienend, gestrichen wird, die Hissvorrichtung somit ausbalanciert ist.
     Das Hissen und Streichen der beiden Lancierrahmen wird mittels der Hissketten k, der Winde W und ihres Zahnradgetriebes bewirkt.
     Die beiden Hissketten sind mit ihren Enden — die eine vorne, die andere rückwärts — mittels Schäkeln an den beiden Lancierrahmen befestigt, laufen über je drei oberhalb der Rahmen und der Winde angebrachten Kettenrollen r
1, r2 und r3 und über je eine an der langen Achse x des großen Zahnrades z aufgekeilte Kettentrommel t.
     Die Lancierrahmen sind aus Bronze erzeugt, dem Durchmesser des aufzunehmenden Torpedotyps entsprechend ausgebohrt, oben mit einer eingehobelten T-Führungsnuth versehen und mittels der Rollen ro an zwei Bronzeschienen T- förmigen Querschnittes S (Fig.- 3) geführt.

    Von diesen Führungsrollen ist beim älteren Modelle (Fig. 5) in jeder der vorhandenen vier Pratzen p1, p2, p3 und p4 je eine Rolle gelagert, die auf den Köpfen der beiden schief gegen abwärts geneigten Schienen S aufruhen, während in den vier Pratzen des Lancierrahmens neueren Modelles je drei Rollen (Fig. 3) angebracht sind, zwischen denen die Köpfe der senkrecht angebrachten Schienen hindurch passiert sind. Es entfallen demnach auch bei letzterem Modelle die zwischen den einzelnen Pratzenpaaren des älteren Modelles angebrachten Führungsbacken, welche die Köpfe der Schienen untergreifen und ein Abheben des Rahmens verhindern.
     Wie bei allen Lancierapparaten wird auch bei den Lancierrahmen der eingeführte Torpedo durch einen Arretierbolzen ab (Fig. 4 und 5) gehalten, der bei der Lancierung vor dem Vorschieben des Torpedos zurückgezogen wird; ebenso wird das Öffnen des Antriebshebels des Torpedos durch einen normal construierten Antriebshaken ah (Fig. 4 und 5) bewirkt.
     Da jedoch der Torpedo beim Einführen in den Lancierrahmen wegen der Gefahr für den Manipulierenden nicht gleich so weit vorgeschoben werden kann, dass der Antriebshaken den Antriebshebel genügend weit untergreift, um ein sicheres und vollständiges Öffnen desselben zu bewirken, so ist die Einrichtung getroffen, dass der Torpedo — wie bereits eingangs erwähnt — durch denselben Abzug, der den Arretierbolzen zurückzieht, und zwar unmittelbar nachdem dies geschehen ist, um den nöthigen Betrag vorgeschoben wird.*
     Dieses Vorschieben erfolgt nämlich durch das Anholen einer Abzugleine; die Art und Weise des Antriebes der Vorstoßvorrichtung sowie der Bethätigung des Arretierbolzens und des Antriebshakens durch die Abzugleine sind jedoch bei den Lancierrahmen der beiden vorhandenen Modelle verschieden.
     Beim Lancierrahmen älteren Modelles (Fig. 5) ist die Abzugleine al am Verschlussbügel vb befestigt und derart über die Rollen l
1, l2, l3 und l4 geführt, dass durch ihr Anholen vorerst der Arretierbolzen ab zurückgezogen und sodann der Stempel st gegen das Achterrohr des Torpedos gedrückt wird. Hiedurch wird der letztere so weit nach vorne verschoben, bis der Antriebshaken den Antriebshebel vollständig öffnet.
     Die Details der Bethätigungsvorrichtung des Stempels st sind aus der Zeichnung (Fig. 5) zu entnehmen.
     Der Arretierbolzen ab, der, wie üblich, in einem an den Lancierrahmen angegossenen Gehäuse geführt ist, wird durch eine kräftige Spiralfeder nach einwärts, d. i. in die activierte Stellung gedrückt, wobei sein gegabelter Kopf den Verbindungssteg der oberen Verticalflossen am vorderen Rande erfasst und den Torpedo festhält.
     Während des Einfahrens des Torpedos muss nun der Arretierbolzen so weit zurückgezogen werden, dass der cylindrische Theil des Torpedos frei passieren könne. Zu diesem Behufe ist die Einrichtung getroffen, dass der Arretierbolzen durch einen Vorstecker sowohl in der gesenkten (activierten) als auch in halb gehobener Stellung fixiert werden kann.
      Der Stempel st ist ein Bronzerohr, auf welches vorne ein cylindrischer Kopf mit daran befestigtem Kautschukpuffer aufgeschraubt ist; er wird in einem centralen Angüsse des Verschlussbügels vb geführt und gegen rückwärts mit einer aufgeschraubten Mutter versehen, die einerseits zur Hubbegrenzung des Stempels, anderseits zur Lagerung der Führungsrolle l
1 dient.
      Der Verschlussbügel ist um einen horizontalen Achsenbolzen nach aufwärts umklappbar und kann in geschlossenem Zustande durch einen Reiber rb mit dem Lancierrahmen fest verbunden, in geöffnetem Zustande durch einen Haken h versichert werden.
Die Achse der Rolle l
4 ist am Ende des Armes a eines einarmigen Hebels hb aufgesteckt, der um einen in einem Angüsse des Arretierbolzengehäuses gelagerten Achsenstift drehbar und durch einen Schlitz des Arretierbolzens durchgesteckt ist.
      Um beim Loswerden der Abzugleine das Herausgleiten derselben aus den Rollen l
1, l2, l3 und l4 zu verhindern, sind letztere mit bügelförmigen Kappen versehen.
     Die Rollen l
2 und l3 dienen nur zur Führung der Abzugleine und sind fix gelagert.
     Beim Lancierrahmen neueren Modelles (Fig. 4) ist die Abzugleine az am vorderen Ende der Drehungsachse dx des Stempels st befestigt, die im oberen Theile des Lancierrahmens geführt ist. Die Leine, ist um eine Rolle rl gelegt, deren Achsenbolzen in einem einarmigen, aus zwei Lamellen bestehenden Hebel oh gelagert ist. Dieser Hebel ist um einen horizontalen Bolzen drehbar, dessen Lager am Lancierrahmen angeschraubt ist; seine beiden Lamellen sind am vorderen Ende durch einen Stift vereinigt, der durch den normal geformten Arretierbölzen ab durchgesteckt und innerhalb eines ovalen Schlitzes in dessen Gehäuse auf- und abwärts bewegt werden kann.
     Die Position des Arretierbolzengehäuses ist derart gewählt, dass der Bolzen bei eingeführtem Torpedo an die vordere Kante des T-Führungsstückes des Torpedos anzuliegen kommt. Um zu verhindern, dass die Abzugleine herausfalle, ist an derselben ein versicherter Bügel angebracht.
     Beim Anholen der Abzugleine wird vorerst der einarmige Hebel oh sammt der Rolle rl und den Arretierbolzen ab so weit gehoben, bis der Stift des einarmigen Hebels an die obere Begrenzung des ovalen Schlitzes im Arretierbolzengehäuse anstößt, worauf beim ferneren Anholen der Abzugleine erst der Stempel st gegen vorne geholt, somit der eingeführte Torpedo vorgeschoben wird.
     Um beim Nachlässen des Zuges an der Abzugleine die ursprüngliche Position des Arretierbolzens wieder herzustellen, ist auf den aus dem Gehäuse hervorragenden Dorne desselben eine Bleikugel aufgeschraubt, deren Gewicht die bei anderen Lancierapparaten in das Gestänge des Arretierbolzens eingeschaltete Spiralfeder ersetzt.
      Der Antriebshaken ah ist von normaler Construction; der Arm desselben, welcher zur Befestigung der Spiralfeder dient, hat einen verbreiterten Kopf zum Anfassen beim Manipulieren.
     Um den Verschlussbügel in seinen beiden für die Bedienung des Apparates erforderlichen Positionen (auf- und abgeklappt) zu erhalten, ist über das rückwärtige Ende seiner Drehungsachse auf eine mittels aufgeschraubter Mutter versicherte Hülse eine Spiralfeder aufgeschoben, die, entsprechend den oben angegebenen Positionen des Bügels, zwei Ausnehmungen hat, in welche je ein aus der Bügelnabe angebrachter Dorn einschnappt und den Bügel gegen unbeabsichtigte Verstellungen versichert.
     Im Ruhestande werden beide Lancierrahmen über Wasser gehisst, und zwar wird zuerst der eine gehisst und in dieser Lage durch einen Stockbolzen versichert, worauf die gleiche Manipulation auch mit dem zweiten vorgenommen wird, indem die hiebei lose werdenden Parte der Hissketten oberhalb des zuerst gehissten Rahmens erfasst und von Hand aus nachgeholt und klar aufgeschossen werden. Ein Versichern des zweiten Rahmens hat nur vorsichtshalber stattzufinden, da der an seinen Hissketten hängende Lancierrahmen in jeder beliebigen Höhe seiner Führung durch das beim Hissen selbstthätig erfolgende Einfallen eines, Klinkers in die Sperrzähne eines auf der Achse der Winde aufgekeilten Zahnrades fixiert wird.
     Sollen die Lancierrahmen bereitgestellt werden, so wird die Winde derart angesetzt, dass der Part der Hissketten, an welchem, der Lancierrahmen hängt, straff geholt wird; sodann wird die Versicherung dieses Rahmens ausgelöst, der Klinker umgeschaltet und nun der Lancierrahmen durch Abfieren der Hissketten mittels der Winde gestrichen, indem die losen Parte der Ketten, um ein Unklarwerden derselben zu verhindern, von Hand aus abgefiert werden.
     Ist der eine Rahmen auf seine Tiefe gestrichen, die gewöhnlich durch einen Ölfarbeanstrich der Hissketten markiert ist, so wird endlich die Versicherung des zweiten ausgelöst.
     Zum Hissen der Torpedos aus dem Wasser und zum Streichen und Einführen derselben in den Lancierrahmen dient ein gewöhnlicher Torpedohisskrahn hk (Fig. 1) mit Kettenwinde und Hisszange; zum Transporte, den localen Verhältnissen entsprechend, gewöhn^ liehe, auf Eisenbahnschienen rollende Transportwagen, sowie Transporteure mit Differentialtakeln.
     Zum neuerlichen Bereitstellen lancierter Torpedos ist jede Lancierstation mit einem oder mehreren Handreservoiren sammt den zugehörigen Luftleitungen, Ventilen, Manometern und Füllrohren sowie mit den nöthigen elektrischen Klingelleitungen versehen, um sich mit der Bedienung der Hauptreservoire und Luftcompressoren verständigen zu können.
      Zur Beobachtung der Torpedobahnen und zum Ablesen der Signale von den Scheibenflössen dienen Doppelferngläser, zum Messen der Laufzeit der Torpedos einstellbare Secundenuhren.
     Endlich gehören zu jeder Lancierstation die nöthigen optischen oder akußtischen Signale, um sich mit der Mannschaft der Scheibenflösse und der zum Einfangen der lancierten Torpedos bestimmten Dampfbarkasse verständigen zu können.
     Von Lancierstationen aus werden alle Torpedos, um deren anfängliches Tiefgehen zu vermeiden, mit horizontal arretiertem Horizontalsteuer und ganzer Arretierung — beziehungsweise Sicherheit — lanciert.
 
* Dieses Vorschieben ist auch deshalb nothwendig, weil bei den verschiedenen Torpedotypen desselben Calibers die Entfernungen des Antriebshebels von der Achterkante des Steuerkreuzes nicht dieselben sind.
 

Tafel XXI

 

 

 
 
 

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