Festungskommandobefehl Nr.94

 

Przemysl, am 21. März 1915.

 
     Am 22. März, im Zeiträume von 5 bis 6 Uhr vormittags, werden die Sprengungen und Zerstörungen im Festungsbereiche vorgenommen werden.
     Hiebei wird folgender Vorgang eingehalten werden.
     Im Zeitraum von 5 bis 5.30 werden sämtliche Geschütze der Festung nach bereits ergangenen Anordnungen der Artilleriestabsabteilung des Festungskommandos gesprengt.
     Während dieser Zeit haben sich die vor den zu sprengenden Batterien befindlichen Intervallbesatzungen möglichst zu decken, doch darf dabei die Beobachtung des Vorfeldes unter keiner Bedingung außer Acht gelassen werden, um einen eventuellen Angriff noch abweisen zu können.
     Um 6 Uhr vormittags werden die Werke und andere hiezu in Aussicht genommene Objekte und Materialien nach Weisungen der Geniedirektion gesprengt und zerstört werden.
     Bis zur Sprengung der Werke sind die Intervallinien so besetzt zu halten, daß die an die Werke anschließenden Teile der Intervallinien auf 100 bis 200 Schritte von den Werkflanken fernbleiben. Nach Sprengung der Werke ist zu trachten, soweit als möglich Zerstörungen in den Intervallinien vorzunehmen und diese dann zu räumen (Öfen, Fenster, Türen der Unterstände eventuell mit Stroh ausbrennen).
     Die Bezirksbesatzungen haben sich dann in den Ortschatten der Bezirke zu sammeln, hiebei sind die Verbindungsgräben auszunützen.
     Die Truppen innerhalb des Noyaubereiches verbleiben bis auf die notwendigen Wachen in ihren Ubikationen.
     Telephonische Verbindungen werden nach Weisungen des Kommandos der Festungs-Telephonabteilung nach der Sprengung der Werke zerstört werden.
     Die Werktelephone sind vor Sprengung der Werke von den Telephonisten zu zerstören.
     Während dieser Zeit der Sprengungen haben alle Truppen und Abteilungen ihre Maschinengewehre, Gewehre, Bajonette, Säbel der Mannschaft zu vernichten. (Kolbenhals der Gewehre abschlagen, Verschlüsse womöglich zerlegt in den Boden treten, Säbel zerbrechen.) Patronen sind zu zerstreuen und in den Boden zu treten oder in den San zu werfen.
     Pro Kompagnie haben sechs Mann die Gewehre zu behalten (Gewehre in erster Linie jenen zu belassen, welche die Tapferkeitsmedaille besitzen, dann braven Unteroffizieren). Zweck dieser Maßnahme ist die Aufrechterhaltung der Disziplin und Ordnung.
     Voll bewaffnet haben nur die Zivilpolizei, das Wachdetachement für Kriegsgefangene, dann die Stabskompagnie des Festungskommandos zu bleiben.
      Den Mannschaften sind nur die Decken, Brotsack, Eßbesteck und Eischale zu belassen, alle übrigen Ausrüstungsstücke, dann Truppentelephon, Autos, Fahrküchen, Trainfuhrwerke usw., kurz, alles was dem Gegner nützen kann, sind in zweckdienlicher Weise zu vernichten.
     Alle Pferde, mit Ausnahme der den Kommandos, Truppen und Anstalten mit Op. Nr. 233/2 vom 2. März belassenen, sowie alle Artilleriepferde mit Ausnahme von je zwei Pferden pro Unterabteilung sind zu erschießen.
     Einrichtung der Beobachtungsstationen, Beleuchtungsapparate, Leuchtpistolen werden ebenfalls zerstört werden.
     Nachdem die Sprengungen beendet, die Waffen usw. der Truppen vernichtet sind, ist sich jeder feindseligen Haltung gegen den Gegner zu enthalten.
     Im Gürtel sind an geeigneten Beobachtungspunkten Offizierspatrouillen zu belassen, die den wahrscheinlich heranrückenden Feind zu verständigen haben, daß sich die Festungsbesatzung nun jeder Feindseligkeit freiwillig enthält, und daß ein Parlamentär zum russischen Belagerungskommando abgesendet wurde.
     Diese Patrouillen haben sich beim Herannahen des Gegners ähnlich wie Parlamentäre zu benehmen.
     Die Zerstörungen der Waffen der Truppen sind derart anzuordnen, daß jene Truppen, die die Intervallinien bis zur Beendigung der Sprengungen zu halten haben, ihre Waffen zu allerletzt vernichten.
     Dieser Befehl ergeht an die Verteidigungsbezirkskommandos, an das Noyaukommando, an das Kommando der 23. L. I. T. D., an das Kommando der Geschützreserve und an das Platzkommando.
 

 Kusmanek, m.p., G. d. I.

 

 
 

 

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